Bekenntnis zur Solidarität mit Israel

Stellungnahme zum Terror-Angriff der Hamas

Es sind entsetzliche Bilder, die wir im Kopf haben. Menschen, Alte, Frauen, Kinder. Ermordet und geschändet, ohne Chance auf Gegenwehr. Alles Juden. Daneben: Männer in Siegerpose, die stolz in Kameras blicken.

Entsetzliche Bilder – aus Buchenwald, Auschwitz, Babyn Jar. Entsetzliche Bilder, die wir nie wieder sehen wollen.

Entsetzliche Bilder, die zeigen, dass Juden nirgendwo anders sicher sind als in einem eigenen Staat. Um solche Bilder zu verhindern, wurde der Staat Israel gegründet.

Um uns nie wieder in Versuchung zu bringen, zu diesen Tätern zu gehören, gehört es zur politischen DNA, dem Staat Israel gegenüber solidarisch zu sein. Und zwar nicht nur, bis der erste Schuss einer Gegenoffensive fällt.

Solidarität mit dem Staat Israel schließt das Recht auf dessen Selbstverteidigung mit ein. Solidarität gilt nicht nur bei Sonnenschein. Denn der Staat Israel hat mehr zu verlieren als nur ein Gefecht.

Seien wir froh, dass wir, die wir ausschließlich von Freunden und militärischen Bündnispartnern umzingelt sind, das nicht nachvollziehen können. Seien wir froh, dass wir nicht mitreden können.

Angesichts der Bilder aus dem Süden Israels kann es kein „Ja, aber“ geben.

Menschen zu töten und zu jagen, die Schändung von Frauen medial zu feiern, kleine Kinder im Schlaf zu köpfen und Holocaustüberlebende zu verschleppen – das ist kein verzweifelter Freiheitskampf.

Es ist ein Pogrom. Ein Pogrom an Menschen, einfach weil sie Juden sind.

Ausgerechnet im Kibbuz, jenem genossenschaftlich-säkularen Gegenentwurf zu den Siedlungen der jüdischen Radikal-Religiösen im Westjordanland.

Ausgerechnet bei einem Festival für junge, lebensfrohe Menschen, die sich nach Liebe und Frieden unter den Völkern sehnen.

Menschen, die unseren westlichen Lebensstil leben und lieben. Deshalb sind wir mit diesen Angriffen auch selbst getroffen.

Lauter Menschen, die eben nicht von einem jüdischen Gottesstaat träumen, sondern von einem friedlichen Nebeneinander. Viele davon heftige Kritiker der eigenen, israelischen Regierung. Wichtige Unterstützer bei der Idee einer friedlichen Zwei-Staaten-Lösung.

Diese Menschen bringt man nicht um, wenn man sein Volk befreien will. Denn man hätte sie eigentlich schon auf seiner Seite.

Aber es geht nicht um Befreiung. Es geht um Terror und Mord. Ein Krieg ohne Ziel.

Ein Krieg, der nichts bringt, keinen Bodengewinn, keinen größeren Einfluss, keine Verbesserung der eigenen Verhandlungsposition, keine Verbesserung der eigenen Lebensumstände. Ein Selbstmordattentat, das vor allem das eigene Volk in Mithaftung nimmt.

Es sind entsetzliche Bilder, die wir im Kopf haben. Es verstört uns, wenn wir diesen Satz nicht so formulieren können: „Es sind entsetzliche Bilder, die wir alle im Kopf haben.“

Nein – leider sind es nicht wir alle. Dass auf unseren Straßen Menschen jubeln, wenn Alte und Kinder im Schlaf ermordet werden, ist ein schmerzhafter Blick in den Spiegel.

Denn der Jubel ist echt, ist aufrichtig. Deshalb tut er so weh.

Als Christlichen Liberalen ist uns die Glaubens-, Gewissens-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit ein hohes Gut.

Wir wissen um unser jüdisches Erbe.

Wir kennen die politische Problematik im Heiligen Land.

Wir warnen davor, unsere vielen muslimischen Mitmenschen in einen Topf zu werfen.

Wir haben keine einfachen Antworten, weil es keine einfachen Antworten gibt.

Das passt nicht in eine Zeit der Polarisierung und der Zuspitzungen.

Wir haben viel Arbeit vor uns, viel mehr als wir dachten, pädagogisch und politisch.

Wir müssen Menschen an ihre eigene Verantwortung erinnern.

Und wir müssen klarer formulieren, was uns wichtig ist.

Zu unserer Willkommenskultur, auf die wir stolz sein dürfen, gehört das unverrückbare Bekenntnis zur Solidarität mit Israel.

Wer den Staat Israel in seiner Existenz in Frage stellt, stellt sich selbst außerhalb unserer Gesellschaft.

Wer die Juden ins Meer oder ins Gas wünscht, stellt sich selbst außerhalb unserer Willkommenskultur.

Wir müssen aus politischen Floskeln Worte machen, die von Herzen kommen und sich vor Konsequenzen nicht scheuen. Wir müssen uns trauen, unseren Worten der Solidarität Taten folgen zu lassen.

Unsere Willkommenskultur und Weltoffenheit darf kein Freibrief für Intoleranz und Judenhass sein. Und zwar um unserer Weltoffenheit willen.

Wir trauern mit den Trauernden. Wir weinen mit den Weinenden.

Unsere stummen, hilf- und fassungslosen Gedanken sind bei den Menschen der Region, bei allen, die den Frieden wollen, für sich und ihre Nachbarn.

Und wir arbeiten mit aller Kraft daran und bleiben in der Hoffnung, dass sich verwirklicht, was uns verheißen ist: „Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ (Mt. 5,9)